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Bürokratie ohne Empathie

Die Auswirkungen eines Gesetzes von 1917 im Jahr 1938

„Um seine Zulassungsfähigkeit in die Vereinigten Staaten laut Einwanderungsgesetz festzustellen, muss der Ausländer nachweisen, dass er von keiner der Ausnahmebestimmungen in Abschnitt 3 des Einwanderungsgesetzes vom 5. Februar 1917 betroffen ist, einschließlich derjenigen, die sich auf Personen bezieht, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie der Öffentlichkeit zur Last fallen werden.“

Washington D.C./Virginia Beach, Virginia

Amerika hatte mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, und im Kongress herrschte einen ablehnende Haltung gegenüber Fremden vor. In weiten Teilen der Bevölkerung war der Gedanke, eine größere Anzahl jüdischer Flüchtlinge ins Land zu lassen, nicht populär. Als daher Alice Rice in Virginia Beach versuchte, die Einreise ihrer tschechischen Verwandten zu unterstützen, bekam sie vom amtierenden Leiter der Visumsabteilung des Außenministeriums, Eliot B. Coulter, die gängige Antwort: er betonte, wie wichtig es sei, nachzuweisen, dass eine Belastung der öffentlichen Hand durch die Bewerber unwahrscheinlich sei und wies auf die Bestimmungen des Einwanderungsgesetzes von 1917 hin, das zusätzlich zu wirtschaftlichen Voraussetzungen die Einwanderung von einer Vielzahl von Bedingungen politischer, rassischer, moralischer und gesundheitlicher Natur abhängig machte. Dazu legte es fest, Personen im Alter von über 16 Jahren hätten nur dann ein Anrecht auf Einwanderung, wenn sie des Lesens und Schreibens kundig wären. Trotz des beherzten Einsatzes der Arbeitsministerin Frances Perkins, deren Ministerium zu dieser Zeit für Einwanderungs- und Einbürgerungsangelegenheiten zuständig war, wurde die Einwanderungspolitik der USA nicht angepasst, um der Welle der Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland gerecht zu werden. Interessanter Weise war eine der Rechtfertigungen hierfür, dass die Quote nie ganz gefüllt werde – ohne allerdings zu erwähnen, dass dies auf die Bestimmung zurückzuführen war, laut der nur solche Personen einwandern dürfen, die der Öffentlichkeit nicht zur Last fallen würden; diese machte es den vielen deutschen Juden, die durch die Politik des Regimes in die Armut getrieben worden waren und nicht das Glück hatten, wohlhabende Bürgen in Amerika zu haben, unmöglich, sich erfolgreich um Visen zu bewerben.


QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Klein-Cohn, AR 6217

Original:

Archivbox 1, Ordner 3

Source available in English

 

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