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Heimatland

Paul Galfi's “Heimatschein”

„HEIMATSCHEIN womit bestätigt wird, dass Paul Galfi Charakter oder Beschäftigung Mittelschüler Alter geb. 25. September, 1921 in Wien. I.K.G. Stand ledig das Heimatrecht in WIEN besitzt.“

WIEN

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts mussten österreichische Staatsbürger, ungeachtet ihrer Ethnizität oder Religionszugehörigkeit, im Besitz eines Heimatscheins sein, um ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Lokalität zu dokumentieren. Von praktischer Relevanz war dies in erster Linie dann, wenn der Inhaber in Not geriet: Im Falle von Armut oder Arbeitslosigkeit war es die im Heimatschein angegebene Gemeinde, die ihn unterstützen musste. Das hier gezeigte Dokument wurde am 25. Juli 1938, über vier Monate nach der Machtübernahme durch die Nazis, ausgestellt, was demonstriert, dass sich wenigstens in diesem Zusammenhang die Verfahrensweise gegenüber den Juden des Landes einstweilen nicht geändert hatte.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Trude Galfy Familie Sammlung, AR 11664

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Im Gedenken

Ludwig Schönmanns Goldene Jahre nehmen eine dunkle Wendung

„Trauer-Album dem Andenken meines teueren Vaters Ludwig Schönmann“

Wien

Ludwig Schönmann, der 1865 in Neu-Isenburg in Deutschland geboren wurde, war als junger Mensch nach Österreich gekommen, was ihm die ersten fünf Jahre des Hitlerismus ersparte. Doch von dem Tag an, als die Wehrmacht im März 1938 in Österreich einmarschierte, um das Nachbarland zu annektieren, war der über Siebzigjährige gezwungen, Ähnliches mitzuerleben, wie die Juden in Deutschland – nur in schnellerer Abfolge: Jüdische Geschäfte wurden zerstört und geplündert, ihre Besitzer enteignet, andere Juden öffentlich gedemütigt, Glaubensgenossen aus dem Burgenland vertrieben, wo sich die ersten Juden im 13. Jahrhundert niedergelassen hatten, jüdische Studenten und Dozenten wurden aus der Universität verdrängt, die berüchtigten Nürnberger Gesetze eingeführt, was zu der Entfernung der Juden aus dem öffentlichen Dienst führte, und anderes mehr. Die erste Seite eines Gedenkalbums zu Ludwig Schönmanns Ehren nennt den 24. Juli als seinen Todestag.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Wien

Sammlung:

Traueralbum für Ludwig Schönmann

Original:

Archiv. Inv. Nr. 1094

„Juden ohne Maske“

Die NS-Zensur erklärt antisemitischen Film für „staatspolitisch wertvoll“

„Inhaltsangabe. Der Film bringt einen Querschnitt durch das jüdische Filmschaffen der Systemzeit [abwertende Bezeichnung für die Weimarer Republik] und zeigt die Notwendigkeit der Nürnberger Gesetze, die diese Zersetzungsarbeit in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht beendeten.“

Berlin

Sofort nach ihrem Aufstieg zur Macht im Januar 1933 begannen die Nazis, ihre Kontrolle auf alle Aspekte kulturellen Lebens in Deutschland auszudehnen. Als populäres Medium, das große Mengen von Menschen erreichen konnte und als jüdisch dominiert galt, war der Film für das neue Regime von zentraler Bedeutung. Bevor die Produktion eines neuen Films beginnen konnte, musste das Drehbuch eine Vorzensur durchlaufen. Das Endprodukt wurde von der Film-Prüfstelle, die dem Reichspropagandaministerium unterstellt war, strengstens untersucht. Die Nazis änderten die Beziehung des Staates zur Filmindustrie: Während bisher das Hauptanliegen gewesen war, Material zu zensieren oder zu unterdrücken, das als schädlich betrachtet wurde, wurde die Filmindustrie nun auch aktiv vom Staat als Vehikel der nationalsozialistischen Weltanschauung benutzt. Der antisemitische Film „Juden ohne Maske“, dessen Prüfkarte hier gezeigt wird, ist ein solcher Fall. Er bekam das Prädikat „staatspolitisch wertvoll“, durfte aber nur im Rahmen von Veranstaltungen der NSDAP, nicht aber vor Jugendlichen, vorgeführt werden.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Original:

Zensurkarte der Film-Prüfstelle Berlin für den NS-Propagandafilm „Juden ohne Maske“ (1937) ; CJA, 7.78

Erfasst, gezählt, registriert

Erhebungen zu jüdischen Einwohnern im Landkreis Dillkreis

Dillenburg

Am 18. Juli verfasste der Landrat des hessischen Dillkreises einen Rundbrief an die Bürgermeister der Städte Herborn, Dillenburg und Haigern sowie die Gendarmerie-Beamten des Landkreises mit der Aufforderung, vierteljährlich eine Aufstellung der in der jeweiligen Gemeinde lebenden jüdischen Bevölkerung anzufertigen. Die Zählung in Herborn ergab, dass in der Stadt am 30. Juni 1938 51 Juden und Jüdinnen lebten und innerhalb der letzten drei Monate nur drei Personen ihre Heimat verlassen hatten. Diese auf lokaler Ebene ansetzende statistische Erfassung und Beobachtung der jüdischen Bevölkerung ergänzte andere, 1938 für das gesamte Reich erlassene, Maßnahmen zur Registrierung, wie etwa die zwangsweise Vermögensanmeldung, die Kennkartenpflicht oder die Änderung der Namen.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Rundbrief des Landrates des Dillkreises zur Erfassung der jüdischen Einwohner mit Antwortvermerk der Stadt Herborn ; Inv. Nr. Do2 88/1738.4

Papiere in Ordnung?

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung eines Zehnjährigen

„Gegen die Ausreise des Hans Weichert, Gymnasiast (10 Jahre) [...] habe ich keine Bedenken.”

Wien

Juden, die sich der Schikane und physischen Gefahr unter den Nazis durch Auswanderung entziehen wollten, mussten eine große Anzahl von Dokumenten beschaffen, um sowohl die Nazi-Behörden als auch die Behörden im Zielland zu befriedigen. Um Erlaubnis zu erhalten, das Land zu verlassen, mussten die Antragsteller nachweisen, dass sie dem Reich keine Steuergelder schuldeten. Zusätzlich zu den Steuern, die allen Staatsangehörigen auferlegt waren, mussten zukünftige Auswanderer die sogenannte „Reichsfluchtsteuer“ zahlen. Das ursprüngliche Ziel dieser während der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre eingeführten Steuer war, ein weiteres Ausbluten der Kassen durch Verlust von Steuereinkünften zu verhindern. Unter den Nazis jedoch war das Hauptziel, Juden zu schikanieren und auszubluten. Die Steuerbehörden der Nazis leisteten gründliche Arbeit: als Familie Weichert aus Wien, bestehend aus dem Rechtsanwalt Joachim Weichert, seiner Frau Käthe und den Kindern Hans und Lilian, sich auf das Weggehen vorbereiteten, würde selbst für den zehnjährigen Sohn eine steuerliche Unbedenklichkeitserklärung ausgestellt. Die Gültigkeitsdauer betrug einen Monat. Alle Dokumente innerhalb der Gültigkeitsdauer bereit zu haben, wenn die eigene Quotennummer an die Reihe kam, war eine weitere Herausforderung, der sich die Auswanderungswilligen stellen mussten.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Weichert Familie Sammlung, AR 25558

Original:

Archivbox 1, Ordner 2

Richtungswechsel

Der „Hilfsverein der Juden in Deutschland“ unterstützt jüdische Aus- anstatt Einwanderer

Berlin

Der 1901 in Berlin gegründete „Hilfsverein der deutschen Juden“ unterstützte vor allem jüdische Einwanderer nach Deutschland. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kümmerte sich der nun zwangsweise umbenannte „Hilfsverein der Juden in Deutschland“ umgekehrt um die Vorbereitung und Umsetzung der Emigration aus Deutschland. Dazu bot er Hilfe bei Behördenfragen, Passangelegenheiten oder beruflicher Umschulung an und gewährte auch finanzielle Unterstützung. Ein wichtiges Organ für seine Arbeit war das Periodikum „Jüdische Auswanderung“, das über allgemeine Lebens- und Arbeitsbedingungen, aber auch über spezifische Fragen jüdischer Kultur in verschiedenen Ländern informierte. Im Juli-Heft von 1938 wurden die USA, Kuba und die Philippinen vorgestellt.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Informationsheft „Jüdische Auswanderung“. Korrespondenzblatt für Auswanderungs- und Siedlungsfragen ; Inv. Nr: Do2 91/194

Gestapo-Schutzhaftbefehl

Malerin Lea Grundig im Dresdner Gerichtsgefängnis

Berlin/Dresden

Der Gestapo-Schutzhaftbefehl vom 29. Juni 1938 bestätigte die bis dahin formell nur vorläufig gültige Festnahme der jüdischen und kommunistischen Malerin Lea Grundig (siehe auch Eintrag vom 1. Juni). Nach ihrer Verurteilung wegen Hochverrats war Grundig im Dresdner Gerichtsgefängnis.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Schutzhaftbefehl der Zentrale der Geheimen Staatspolizei Berlin für Lea Grundig; Inv.Nr. Do 62/1126.4

Leberknödel, Weihnachtsstollen, Mazzenklößchen

Der Nationalsozialismus zerstört im Nu, was langsam wuchs

Krumbach

In Anni Buffs privatem Kochbuch, auf den 25. Juni 1938 datiert, überwogen eindeutig die traditionellen bayerischen Gerichte, wie Leberknödel, Weihnachtsstollen und Topfenkräpfle, gegenüber den jüdischen, wie z.B. Mazzenklößchen. Die jüdische Gemeinde in ihrem Geburtsort Krumbach war gut integriert. Seit ihrem Höchststand Anfang des 19. Jahrhunderts, als sie etwa 46% der Bevölkerung ausmachte, war sie erheblich zurückgegangen, und 1933 waren nur noch 1,5% der Krumbacher Bevölkerung jüdisch. Trotz dieser unwesentlichen Präsenz von Juden machte sich der Nationalsozialismus mit seiner fanatisch anti-jüdischen Botschaft schnell breit, und noch bevor er zur nationalen Politik wurde, kam es in der kleinen Stadt zur Belästigung von Juden durch SA-Leute. 1938 wurden die Übergriffe so unerträglich, dass Annis Vater Julius, der mit Polstermaterial handelte, Möglichkeiten zu untersuchen begann, an sichereren Ufern ein neues Zuhause zu finden, etwa in den Vereinigten Staaten, der Dominikanischen Republik oder Schanghai. Nicht einmal die Tatsache, dass er im Ersten Weltkrieg einen Bruder verloren und selbst im Königlich Bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16 gedient hatte – an der Seite eines jungen Österreichers namens Adolf Hitler – trug dazu bei, seine Position gegenüber den Nazi-Behörden zu verbessern.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Anni Krantz, AR 11284

Original:

Archivbox 1, Ordner 2

Besuch beim US-Konsulat

Heinz Ries kann endlich einwandern

Havanna

Nachdem sein erster offizieller Einwanderungsversuch unter abenteuerlichen Bedingungen gescheitert war, bemühte sich der zwanzigjährige Heinz Ries aus Berlin ein weiteres Mal darum, dauerhaft und rechtmäßig in den USA leben zu dürfen. Monatelang hatte er sich illegal in New York durchgeschlagen. Erst mit Hilfe einer Bürgschaft, einer erneuten Einreise über Havanna (Kuba) und wiederholter Vorsprache beim dortigen amerikanischen Konsulat, wo er am 23. Juni 1938 erstmals vorstellig wurde, gelang sein Vorhaben. Nach dem Krieg kehrte er zunächst als Mitarbeiter der Alliierten, dann als Fotoreporter der New York Times für einige Zeit nach Deutschland zurück. Aus diesen Jahren stammen die Fotos der Berliner Blockade und Luftbrücke, die ihn unter dem Namen Henry Ries weltberühmt machten.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Einwandererausweis der Vereinigten Staaten von Amerika für Heinz Ries ; Inv.No. Do2 2009/488

Markiert

Eine neue Verordnung verlangt die Kennzeichnung jüdischer Geschäfte

Berlin

Ungeachtet der patriotischen Gesinnung vieler deutscher Juden und ihrer vielfachen Beiträge zugunsten der Gesellschaft, hatte das „Reichsbürgergesetz“ von 1935 Juden offiziell einen niedrigeren Status zugeordnet, indem es sie zu bloßen „Staatsangehörigen“ erklärte und sie zusätzlich vom Rest der Bevölkerung isolierte. Im Laufe der Zeit wurden Zusatzverordnungen erlassen, die die genaue Definition der Nazis beinhalteten, was einen Juden ausmache und jüdische Beamte in den Ruhestand zwangen. Am 14. Juni 1938 bestimmte die dritte solche Verordnung, dass Geschäfte in jüdischem Besitz als solche zu kennzeichnen seien.

Ein absurdes Privileg

Emil Toffler behält seinen Job, um die Arier einzuarbeiten

Wien

Die Familie Therese Wiedmanns (geb. Toffler) in Wien war säkular und bestens integriert. Während sich die Tofflers der Situation in Deutschland wohl bewusst waren, hatte niemand unter Thereses Verwandten vorausgesehen, dass viele Österreicher Hitler willkommen heißen und bereit sein würden, auf die Unabhängigkeit Österreichs zu verzichten. Der „Anschluss“ im März 1938 hatte zum sofortigen Verlust ihrer Stelle bei der Tiller AG geführt. Ihr Großvater, bis vor kurzem der Präsident der Firma, durfte sein Büro nicht mehr betreten, ihr Vater Emil, der leitende Geschäftsführer, wurde einstweilen dort behalten, um das neue, „arische“ Management mit dem Funktionieren der Firma vertraut zu machen. Glücklicherweise hatte er schon vor dem „Anschluss“ einen Teil seines Besitzes nach England geschafft. In besseren Zeiten hatte man die jüdische Firma für ausreichend österreichisch erachtet, um sie zum kaiserlich-königlichen Hoflieferanten zu ernennen und Armeeuniformen von ihr produzieren zu lassen. Dieser am 11. Juni 1938 ausgestellte Pass Therese Wiedmanns enthält ein Visum, das „alle Staaten der Erde“ und die „Rückreise ins Deutsche Reich“ einschließt.

Jüdische Schulen

Ungewollter Schutzraum jüdischer Identität

„Bialik teilt in seinem Aufsatz ,Halacha und Aggada’ eine Deutung mit, die er von Achad Haam gehört hat: ,...Wer auf den Geist achtet, wird auch aus ihr [dieser Mischna] zwischen den Zeilen das Rauschen des Herzens und die zitternde Sorge um das künftige Schicksal eines Volkes heraushören, das 'auf dem Wege geht,‘ und nichts mehr von seinem Besitz in der Hand hat als ein Buch, und dessen ganzer innerer Zusammenhang mit irgendeinem seiner Aufenthaltsländer nur auf seinem Geiste beruht.‘ “

Berlin

Für viele jüdische Kinder wurde der Schulbesuch unter den Nazis zur Hölle: Schon der Schulweg konnte zu einem Spießrutenlauf unter anti-jüdischen Kränkungen werden. Ausgrenzung durch Mitschüler und Lehrer war die Regel. Um den Kindern diese Qual zu ersparen, schickten Eltern, die es sich leisten konnten, ihre Kinder auf jüdische Schulen. Bis 1933 hatten die überwiegend assimilierten deutschen Juden wenig Interesse an eigenen Schulen, aber das feindselige Klima unter dem Naziregime ließ mehr und mehr Einrichtungen dieser Art entstehen. Dr. Elieser L. Ehrmann, ein Pädagoge und Mitarbeiter in der Schulabteilung der Reichsvertretung der Juden in Deutschland, hatte seit 1936 Arbeitspläne für Lehrkräfte an jüdischen Schulen ausgearbeitet, die die Kenntnis der jüdischen Feiertage und des sie begleitenden Brauchtums vertiefen und damit eine positive jüdische Identität vermitteln sollten. Der hier gezeigte Auszug stammt aus Ehrmanns „Arbeitsplan für Omerzeit und Schawuot“, herausgegeben 1938 von der Reichsvertretung der Juden in Deutschland. In diesem Jahr fiel der erste Tag des Schawuot-Festes auf den 5. Juni.

Reichsfluchtsteuer

Auswanderer müssen ein Meer an finanziellen und bürokratischen Hürden überwinden

LÖRRACH

Seit 1937 bemühten sich Lina und Siegmund Günzburger aus Lörrach in Südwestdeutschland und ihr Sohn Herbert, ihre Auswanderungspapiere zusammenzustellen. Die Auflagen waren nichts weniger als ein Albtraum: Zukünftige Auswanderer mussten eine Vielzahl persönlicher Dokumente, Empfehlungsschreiben und Bürgschaften beschaffen und waren verpflichtet, ein Inventar ihres gesamten Besitzes zusammenzustellen. Auch mussten sie dokumentieren, dass keine Steuerrückstände bestanden. Besonders perfide war die sogenannte „Reichsfluchtsteuer“: Ursprünglich eingeführt in der Endphase der Weimarer Republik, um die Kapitalflucht in Reaktion auf die Sparpolitik der Regierung zu verhindern, wurde sie zu einem Werkzeug in der Hand der Regierung, um die Juden für das Verlassen des Landes zu bestrafen, das es ihnen unerträglich machte, zu bleiben.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Herbert Guenzburger, AR 5947

Original:

Archivbox 1, Ordner 2

Der „Arier-Nachweis“

Kein Arbeitsplatz bei „unreiner“ Abstammung

Freiberg

Seit dem Inkrafttreten des sogenannten „Arier-Paragraphen“ im „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren bestimmte Berufsgruppen zum Nachweis ihrer „rein arischen Abstammung“ verpflichtet, um weiterhin ihren Beruf ausüben zu können. Auch der 38-jährige Chirurg Dr. Walter Bernhard Kunze aus Freiberg in Sachsen musste für den „Arier-Nachweis“ einen Fragebogen über seine Abstammungslinie ausfüllen. Der Fragebogen vom 15. Mai 1938 enthält personenbezogene Angaben bis in die Generation seiner Großeltern. Diesem waren die entsprechenden standes- und pfarramtlichen Unterlagen beizulegen. Die Einholung der zahlreichen Abschriften aus den Kirchen- und Gemeindeämtern der Geburts- und Wohnorte der Vorfahren bedeutete für den einzelnen oft einen sehr hohen Verwaltungsaufwand. Der „Arier-Nachweis“ war ein wirksames Instrument der NS-Rassenpolitik, durch welches als „Nichtarier“ angesehene Personen stigmatisiert und zunehmend aus der Gesellschaft ausgegrenzt wurden.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Fragebogen zum Nachweis der arischen Abstammung

Das Gericht

Jüdischer Kulturbund zeigt Versöhnung zwischen Juden und Arabern in Theaterinszenierung

Berlin

Nach ihrer Rückkehr von mehreren Studienjahren in Berlin bei den Größen des deutschen Theaters, Erwin Piscator und Max Reinhardt, änderte die in Polen geborene Shulamit Gutgeld ihren Namen in „Bat Dori“ („Tochter meiner Generation“ oder „Zeitgenossin“). Und das war sie auf sehr bewusste Weise: Ihre Stücke waren hochpolitisch und gingen auf das Tagesgeschehen ein, und zwar so sehr, dass die britischen Mandatsbehörden die Aufführung ihres 1936 entstandenen Schauspiels „Das Gericht“, das zum Frieden zwischen Juden und Arabern aufruft und Kritik an den Briten übt, verbaten. Die Berliner Zweigstelle des Jüdischen Kulturbunds entschloss sich jedoch, das Stück zu inszenieren. Das hier gezeigte Dokument ist eine Einladung zu der Vorstellung am 8. Mai im Kulturbund-Theater auf der Kommandantenstraße unter der Regie von Fritz Wisten.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Original:

Einladung zur Uraufführung des Stücks „Das Gericht“ von [Shulamit] Bat Dori, bearbeitet von Herbert Friedenthal, im Theater des Jüdischen Kulturbund in der Kommandantenstraße 57; CJA, 1 D Gr 1, Nr. 10, #13322, Bl. 13

Heimat auf dem Papier

Jüdischer Geschäftsmann bekommt Residenzrecht bescheinigt

Wien

Österreichische Ortschaften waren gesetzlich verpflichtet, ihren Einwohnern Urkunden auszustellen, die ihr Wohnrecht bestätigten. Diese Papiere garantierten unbehinderten Aufenthalt und Unterstützung im Falle der Verarmung. Im Mai 1938 war das Gesetz aus dem Jahr 1849, auf dem diese Praxis beruhte, zumindest auf dem Papier noch voll gültig: Der „Heimatschein“ Carl Grossers, eines jungen jüdischen Geschäftsmannes, wurde am 2. Mai 1938 erneuert. Grosser hatte 1932 am renommierten Wasagymnasium mit seinem auffallend hohen Anteil jüdischer Schüler maturiert. Danach war er in das Krawattengeschäft seines Vaters eingestigen, hatte Zeit in Deutschland und England verbracht, um seine professionellen Horizonte zu erweitern und ausgiebige Reisen in ganz Europa unternommen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Carl Grosser, AR 10559

Original:

Archivbox 1, Ordner 12

Schwarze Dreiecke

Unerwünschte ins KZ Buchenwald

Buchenwald

Der 30. April 1938 war der zehnte und letzte Tag der „Aktion Arbeitsscheu Reich“, einer Strafaktion, die auf Menschen abzielte, die für „asozial“ oder „arbeitsscheu“ erachtet wurden. Die Definition war ausreichend vage und breit gesteckt, es zu ermöglichen, sich einer großen Bandbreite von „Unerwünschten“ zu entledigen. Zwischen 1500 und 2000 so eingestufte Männer wurden in einer ersten Verhaftungswelle ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht, unter ihnen auch Juden. Sie wurden durch schwarze Dreiecke an der Häftlingskleidung identifiziert.

Neubeginn mit 40

Moses Wainstein überwindet die Hürden internationaler Bürokratie

Marseille

Marseille war für die Exilanten einer der wichtigsten Abfahrthäfen nach Übersee. Hier beschaffte sich Moses Wainstein die restlichen Papiere für seine Emigration nach Uruguay. Diese Bescheinigung über eine Reiseimpfung war zur Vorlage bei den dortigen Behörden in Spanisch abgefasst. Seine Habseligkeiten hatte sich der Berliner bereits durch eine deutsche Spedition nach Marseille schicken lassen. Wainstein war zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre alt.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Impfbescheinigung, ausgestellt auf dem Dampfer „Campana“ für Moses Wainstein.

Jahreschronik 1938

Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden

Ein von National-Sozialisten beschädigtes Geschäft in Wien. United States Holocaust Memorial Museum.

Hermann Göring erlässt die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“. Dernach sind alle Juden im Deutschen Reich unter Androhung von Geld-, Haft- und Zuchthausstrafen angehalten, ihr Vermögen im In- und Ausland zu melden, wenn es den Betrag von 5.000 Reichsmark übersteigt. Alf Krüger, Ministerialrat im Reichswirtschaftsministerium, nennt die Regelung den „Wegbereiter zu der völligen und endgültigen Entjudung der deutschen Wirtschaft“. Drei Tage später wird in einem Arbeitstreffen bei Göring geplant, das jüdische Vermögen so umzuwandeln, dass es “keinen wirtschaftlichen Einfluss mehr gestatte[t]“. Göring erläutert später, dass in der Besprechung im April bereits der Beschluss gefasst wurde, „die deutsche Wirtschaft zu arisieren, den Juden aus der Wirtschaft heraus und in das Schuldbuch hineinzubringen und auf die Rente zu setzen. […] Die Entschädigung wird im Schuldbuch vermerkt und zu einem bestimmten Prozentsatz verzinst. Davon hat er zu leben.“ Nach den Novemberprogromen nutzten die Nationalsozialisten die erworbenen Daten als Grundlage, um den Juden ein Viertel ihres Vermögens abzunehmen. Als nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Entschädigungsverfahren begannen, dienten die Daten dazu, die ursprünglichen Eigentümerschaften festzustellen.

 

Zur Jahreschronik 1938

Pseudo-Wahlen

Österreicher stimmen ohne Juden nachträglich über den Anschluss ab

„Wer das Stimmrecht ausübt, trotzdem er vom Stimmrecht ausgeschlossen ist oder ihm bekannt ist, dass er von mindestens drei volljüdischen Großeltern abstammt, oder aber als Mischling (mindestens zwei jüdische Großeltern) mit einer jüdischen Person verheiratet ist, hat diesen Wahlausweis sofort an das Gemeindeamt zurückzusenden und von der Wahl fernzubleiben. Andernfalls setzt er sich schwerer Bestrafung aus“.

WIEN

Der Einmarsch deutscher Truppen in Österreich am 12. März war der von Kanzler Schuschnigg für den 13. März geplanten Volksabstimmung über die Vereinigung mit Deutschland zuvorgekommen. Die Nazis, nun im Besitz der Macht, verschoben die Volksabstimmung auf den 10. April in Verbindung mit den ersten gesamtdeutschen Reichstagswahlen. Katholische Bischöfe unter der Führung Erzbischof Theodor Innitzers hatten eine „feierliche Erklärung“ abgegeben, in der sie katholische Wähler aufriefen, für den „Anschluss“ zu stimmen. Laut offiziellen Angaben bestätigten nahezu 100% der Wähler, was bereits eine vollendete Tatsache war. Das hier gezeigte Dokument ist ein Wählerausweis zur ausschließlichen Benutzung des auf der Vorderseite angegebenen Empfängers. Es schließt Juden explizit von der Teilnahme aus.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Wien

Sammlung:

Wahlausweis zur Volksabstimmung am 10. April 1938 (Nr. 225)

Original:

Inv. Nr. 26028/9

Kontaktabbruch

Ein Berliner verlässt die jüdische Gemeinschaft

Berlin

Hoffte Hans Petzold, ein 36jähriger gebürtiger Berliner, durch seinen Austritt zunächst aus dem Judentum und dann aus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin sein Los zu verbessern? Unter einem Regime, das von dem Gedanken rassischer Reinheit besessen war, war es kaum zu erwarten, dass Schritte dieser Art einen Unterschied machen würden. Laut der „Austrittskartei“ der Jüdischen Gemeinde zu Berlin trat Petzold innerhalb eines Monats offiziell sowohl aus der Berliner Gemeinde als auch aus dem Judentum aus.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Sammlung:

Karteikarte aus der Austrittskartei der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zum Austritt von Hans Petzold aus dem Judentum

Original:

CJA, 2 A 1

Ausdruckstanz

Jüdischer Kulturbund präsentiert Elsa Caro

Hamburg

Die Veranstaltung des Jüdischen Kulturbunds am 6. April war dem Tanz gewidmet: Elsa Caro, auch unter ihrem Künstlernamen Juana Manorska bekannt, benutzte anspruchsvolle Werke, die ursprünglich nicht als Tanzmusik gedacht waren, als Inspiration für ihre Darbietungen. Bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts war manchen das festgelegte, formelhafte Bewegungsrepertoire des klassischen Balletts einschränkend und überholt erschienen. Deutsche Tänzerinnen, unter ihnen die „Halbjüdin“ Gret Palucca, waren an der Spitze derer, die mit neuen Formen experimentierten, eine Bewegung, die den „Ausdruckstanz“ hervorbrachte, der auch als „expressionistischer Tanz“ oder „moderner Tanz“ bezeichnet wird. Auch Elsa Caro gehörte ihr an.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Jüdische Gemeinde Hamburg, AR 193

Original:

Archivbox 1, Ordner 4

Ausgebürgert

Nach Deutschland eingebürgerte Juden verlieren ihre Staatsbürgerschaft

Worms

Seit dem Inkraftreten des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft im Juli 1933 konnten Einbürgerungen, die zwischen dem Ausruf der Republik am 9. November 1918 und dem Machtantritt der Nazis am 30. Januar 1933 vollzogen worden waren, widerrufen und „Unerwünschten“ die Staatsbürgerschaft entzogen werden. Das Gesetz zielte auf politische Gegner und Juden ab: 16.000 östeuropäische Juden hatten in dem relevanten Zeitraum die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Unter denjenigen, deren Namen auf der Ausbürgerungsliste vom 26. März 1938 erscheinen, sind Otto Wilhelm, seine Frau Katharina und die drei Kinder des Paares, wohnhaft in Worms und allesamt in Deutschland geboren.

Frauenrechte sind Menschenrechte

Der Jüdische Frauenbund berät junge Frauen bei der Ausreise

Berlin

Lange Zeit war die Sicherstellung der Würde und Unabhängigkeit jüdischer Frauen und ihr Schutz vor Menschenhändlern ein zentrales Anliegen des Jüdischen Frauenbundes. Der 1904 gegründete Verein unterstützte junge Frauen, in dem er es ihnen ermöglichte, eine Berufsausbildung absolvieren. Inzwischen hatten sich andere Themen in den Vordergrund gedrängt: Am 22. März lud die Gruppe berufstätiger Frauen innerhalb des Bundes, vertreten durch Käthe Mende, zu einem „Aussprache-Abend“ für weibliche Jugendliche ein, bei dem Berufs- und Auswanderungsfragen diskutiert werden sollten. Die Gastrednerin war Lotte Landau-Türk; Prof. Cora Berliner, eine frühere Angestellte im Reichswirtschaftsministerium und Professorin für Wirtschaftswissenschaften, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 aus dem Staatsdienst entlassen worden war, moderierte die Diskussion.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Sammlung:

Einladung zu einer Veranstaltung der Gruppe berufstätiger Frauen im Verband Berlin des Jüdischen Frauenbundes zum Thema „Berufs- und Auswanderungsfragen für die weibliche Jugend“

Original:

CJA, 1 C Fr 1, Nr. 31, #9835, Bl. 32

Familienbande

Eine Bürgschaft vom Onkel

„Sobald ich all diese Angaben von Dir bekomme, stelle ich die erforderlichen Bürgschaften und schicke die Angaben an Dr. Pollak, der ebenfalls seine Bürgschaften schicken wird, so dass Du und Deine Familie kommen könnt.“

Newark, New Jersey/Baden

Charles Manshel, ein wohlhabender, selbst aus Österreich stammender Geschäftsmann, verspricht seiner Cousine Irene Ehrlich in Baden bei Wien, er werde Bürgschaft für sie und ihre Familie übernehmen, sobald er die erforderlichen persönlichen Daten bekäme. Der Brief zeigt Manshels aufrichtiges Bemühen, seinen Angehörigen nicht nur den Weg zur Einwanderung zu bahnen, sondern auch etwas für die berufliche Integration des Ehemanns seiner Nichte, Dr. Eduard Ehrlich, zu tun. Unbeschadet seines Erfolges später im Leben war Manshel Not nicht fremd: Als Sechzehnjähriger war er durch den Tod des Vaters gezwungen gewesen, zum Ernährer seiner Familie zu werden.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung George und Paul Ehrlich, AR 11418

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Uruguay als gelobtes Land

Der Elektriker Wainstein plant die Emigration nach Montevideo

Berlin

Im Frühjahr 1938 traf der Berliner Elektroinstallateur Moses Wainstein Vorbereitungen, um sich dem steten Strom jüdischer Emigranten anzuschließen. Ziel war das ferne Montevideo. Der geplante Reiseweg sollte von Berlin nach Marseille führen, von wo aus er sich nach Südamerika einschiffen wollte. Das nötige französische Transitvisum wurde ihm am 1. März erteilt. Uruguay galt als Land mit starken demokratischen Traditionen, wenig Druck zur Anpassung auf die Neuankömmlinge und guten Aussichten für Handwerker. Jüdische Hilfsorganisationen und Reiseagenturen berieten Emigrationswillige bei der Wahl der neuen Heimat, zur bestmöglichen Route und bei der Beschaffung der notwendigen Papiere.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Sammlung:

Transitbescheinigung der Reederei „Chargeurs Réunis & Sud Atlantique“ für Moses Wainstein zur Durchreise durch Frankeich

Original:

Inv. Nr. Do2 89/1008.6

„Entartet“

Nazi-Deutschland bricht mit der Moderne

München

Mit der 1937 initiierten Wanderausstellung „Entartete Kunst“ versuchten die Nazis anhand von 650 aus 32 Museen konfiszierten Kunstwerken der Bevölkerung ihre eigene Kunstvorstellung aufzuzwingen: Neuere Strömungen wie Expressionismus, Surrealismus oder Fauvismus, um nur einige zu nennen, galten ihnen als „jüdisch-bolschewistisch“ und wurden gnadenlos verunglimpft. Das hier gezeigte Titelblatt des Ausstellungsführers zeigt ein Werk mit dem Titel „Großer Kopf“ aus der Werkstatt des deutsch-jüdischen Künstlers Otto Freundlich, eines der ersten Vertreter der abstrakten Kunst. Das Werk war 1912 entstanden und hatte einen erhofften geistigen Neubeginn symbolisieren sollen. Abgesehen von Freundlichs jüdischer Abkunft und seinen künstlerischen Neigungen war er als Kommunist auch politisch missliebig.

Jahreschronik 1938

Von Schuschnigg beschwört die Unabhängigkeit Österreichs

Porträt von Kurt von Schuschnigg in seinem Büro. Encyclopedia Brittanica.

Kurt von Schuschnigg beschwört die Unabhängigkeit Österreichs in einer dramatischen Rede vor dem Parlament. Der Kanzler Österreichs betont die Treue der Regierung, einschliesslich der nationalsozialistischen Minister Seyß-Inquart und Glaise-Horstenau, zur Verfassung von 1934. Die Ansprache wird von mehreren europäischen und amerikanischen Sendern übertragen. „Bis hierher und nicht weiter! [. . .] Bis in den Tod! Rot-Weiß-Rot! Österreich!“, warnt der Kanzler die österreichischen und deutschen Nationalsozialisten, die ein Bündnis suchen.

Zur Jahreschronik 1938

Ein Tipp aus New York

Überweisungen an jüdische Empfänger in Nazi-Deutschland

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Benutzung der Haavaramark die jüdische Auswanderung aus Deutschland fördert.

New York

Ein Vertreter des New Yorker Büros der Intria International Trade & Investment Agency Ltd., London, legt einer Klientin in New York nahe, für „Überweisungen an Personen jüdischer Herkunft, die in Deutschland wohnen“, die „Haavaramark“ zu nutzen. Das Haavara (Transfer) -Abkommen war 1933 zwischen zionistischen Vertretern und den Nazis geschlossen worden: Es ermöglichte den Auswanderen, Geld auf ein deutsches Konto einzuzahlen, das für den Import deutscher Waren nach Palästina verwendet wurde. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Waren in Palästina, abzüglich von Kosten, wurde an die Neueinwanderer ausgezahlt.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Ludwig Rosenberger, AR 5824

Original:

Archivbox 1, Ordner 25

Künstlerische Gängelung

Werner Dambitsch und sein „Excentric Jazz Orchestra"

Dieser Ausweis berechtigt zur Mitwirkung bei jüdischen Veranstaltungen. Der Inhaber ist zur Betätigung zugelassen, ohne dass der Reichsverband für eine Beschäftigung garantiert.

Breslau/ Berlin

Werner Wilhelm Dambitsch wurde am 23. Juni 1913 in Breslau (heute Wrocław, Polen) geboren. Von frühester Jugend an war Werner an Musik interessiert, aber sein erstes Instrument, ein Saxophon, musste sich der Neunzehnjährige 1932 mit selbstverdientem Geld kaufen. Gemeinsam mit vier Freunden gründete er das “Excentric [sic] Jazz Orchester”. Um auftreten zu können, musste die Combo dem “Reichsverband der jüdischen Kulturbünde in Deutschland” beitreten und wurde gezwungen, sich in “Erstes jüdisches Jazz-Orchester” umzubenennen. Während die Organisation kein geregeltes Einkommen und Beschäftigung garantierte, ermöglichte sie den Künstlern doch zumindest, bei Veranstaltungen für das jüdische Publikum aufzutreten.

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