Das Leo Baeck Institut hält die Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums lebendig.
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1700 Jahre jüdisches Leben im deutschsprachigen Raum
2021 markiert das 1700-jährige Jubiläum des frühesten Dokuments, das eine jüdische Gemeinschaft in dem Gebiet des deutschsprachigen Raums erwähnt. Aus diesem Anlass begehen wichtige Institutionen bundesweit sowie auch international ein Festjahr mit tausenden öffentlichen Veranstaltungen, Ausstellungen und weiteren Initiativen um jüdisches Leben und jüdische Geschichte sichtbar und erlebbar zu machen.
Um die facettenreichen Narrative jüdischer Geschichte in diesem Zeit- und Sprachraum zu schildern, hat das Leo Baeck Institute – New York | Berlin das Projekt Shared History: 1700 Jahre jüdisches Leben im deutschsprachigen Raum ins Leben gerufen. Es ist eine Shared History, eine gemeinsam geteilte Geschichte, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Geschichte von Jüdinnen und Juden war und ist seit Jahrhunderten tief verwoben mit der Geschichte der Mehrheitsbevölkerung in den Regionen und Ländern dieses Raums.
Im Verlaufe des Jahres 2021 erkundet das Shared History Project diese Verwobenheit und die damit verbundenen Fragen zu Identität und gesellschaftlicher Vielfalt über mehrere Kanäle, wie z.B. durch virtuelle und physische Ausstellungen, Podiumsgespräche, Konferenzen und Medien- und Öffentlichkeitsarbeit.
Die dabei geschaffene 1700 Jahre umfassende Gesamtschau jüdischer Geschichte im deutschsprachigen Raum wird aktiv zur Vermittlung jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum dienen und mithilfe von Fakten und Aufklärung einen wichtigen Beitrag gegen Unkenntnis, zunehmende Geschichtsverzerrung und wachsenden Antisemitismus leisten.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie uns bitte über shared-history@lbi.org.
Das Herzstück des Projekts ist eine Webseite, die im Jahr 2021 wöchentlich ein neues Artefakt jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum enthüllt. Neben Fotografien und multimedialen Abbildungen der Exponate liefert die Webseite auch reichhaltige Informationen zur Provenienz und der historischen Bedeutung der Objekte.
Jedes Objekt wird von erläuternden Expertenbeiträgen begleitet. Zu den Autorinnen und Autoren gehören Forschende aus der Geschichtswissenschaft, Archäologie und Kunstwissenschaft, aber auch Mitarbeitende aus Bibliotheken und Archiven sowie Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden und Publizierende. Jeweils eines der Essays behandelt die Geschichte aus der Perspektive einer Einzelperson – z.B. des Besitzers oder Urhebers des Objektes, eines imaginierten Protagonisten aus ferner Vergangenheit oder einer zeitgenössischen Person, die mit dem Objekt verbunden ist. Diese persönliche Sichtweise auf die Geschichte legt nahe, wie viele der Themen, die den breiten Bogen der jüdischen Geschichte spannen, auch unsere heutige Welt prägen. Indem sie individuelle Erfahrungen von Identität, Akkulturation, Migration, Verfolgung, Toleranz oder Resilienz beleuchten, bieten diese Narrative mehr als bloßes „Human Interest.“ Sie sind auch Fallstudien für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Neben der breitgefächerten visuellen und historischen Darstellungen der einzelnen Exponate, lässt sich die Geschichte auch über eine Landkarte sowie eine historische Zeitleiste erschließen. Einleitende Aufsätze zu sieben „Epochen“ der letzten zwei Jahrtausende stellen die Entwicklungen der deutsch-jüdischen Geschichte in den größeren Kontext der europäischen Geschichte.
Museen und Bibliotheken bleiben wegen der COVID-19 Pandemie weitgehend geschlossen, doch das Shared History Project bietet Nutzern die Erfahrung eines Museumsbesuches per Laptop oder Smartphone an. Die Designfirma 360Design aus New York realisierte in Zusammenarbeit mit dem deutschen 3D-Technologie Anbieter Z-Reality GmbH für das Shared History Project virtuelle Räumlichkeiten, die die Exponate aus 12 Ländern in einer einheitlichen Ausstellung nahtlos zusammenführen.
Die verschiedenartigen Exponate – unter anderem Schmuck, Gemälde, Sakralgegenstände, Bücher und Manuskripte, Synagogen und andere Bauten und selbst fiktionale Konzepte wie der Golem – werden mittels moderner Techniken wie 3D Photogrammetrie und 360°-Videos abgebildet. Dies erlaubt es den Nutzern, Objekte im dreidimensionalen Raum zu manipulieren sowie Bauten, wie zum Beispiel die Neue Synagoge, virtuell zu betreten.
Das Museum wird etappenweise eröffnet. Jeder Flügel enthält die Objekte aus einer der sieben „Epochen“ und wird erst nach der Veröffentlichung sämtlicher Objekte der jeweiligen Epoche zugänglich. Auch nach Jahresende 2021 bleibt das gesamte Museum offen und lädt zum Erkunden ein.
Vom 27. Januar 2021 bis zum 23. April 2021 wird eine physische Ausstellung im Paul Löbe Haus des Deutschen Bundestages gezeigt. Die Ausstellung auf 27 Glaspaneelen präsentiert eine Auswahl der Objekte des Shared History Project. Die transparente Schichtung von Zeitebenen, die individuell gestalteten Paneele und ihr Verlauf mit Richtungsänderungen und Versprüngen illustriert eindrücklich die Kontinuität und die Brüche dieser Shared History. Die Ausstellung lädt dazu ein, historische Dynamiken zu erkunden, aber auch gegenwärtige Fragen zu thematisieren.
Die Ausstellung wurde zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar 2021 unter Teilnahme von Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble eröffnet.
Sobald die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen aufgehoben werden, ist der Besuch der Ausstellung von Montag bis Freitag zwischen 9:00 – 17:00 Uhr nach Anmeldung möglich. In der Zwischenzeit ist ein Online-Angebot mit Videobotschaften des Bundestagspräsidenten Dr. Wolfgang Schäuble, dem Präsidenten des Zentralrat der Juden Dr. Josef Schuster und dem Präsidenten des Leo-Baeck-Institute – New York | Berlin Dr. David Marwell unter www.bundestag.de/sharedhistory abrufbar.
Konferenzprogramm
Konferenzvideos auf Youtube
Eine Eröffnungskonferenz wurde vom 7.–9. Dezember 2020 vom Leo-Baeck-Institut in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Jüdischen Museum Berlin veranstaltet.
Gemeindevertretende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Publizistinnen und Publizisten, wie z.B. Dr. Josef Joffe (Herausgeber, Die Zeit), Hetty Berg (Jüdisches Museum Berlin), Max Czollek (Dichter und Dramatiker), Shelly Kupferberg (u. a. ARD) und Prof. Dr. Raphael Gross (Deutsches Historisches Museum), trugen vor oder nahmen an Gesprächsrunden teil. Die gesamte Konferenz wurde live auf Deutsch und Englisch im Internet übertragen.
Anstatt die Thematik nach wissenschaftlichen Disziplinen, Chronologie oder Geografie zu unterteilen, wurden die Sitzungen mit Blick auf übergreifende Themen wie Migration, Exil, Identität, Resilienz oder kultureller Austausch gestaltet. Auf diese Weise ließen sich tiefgehende Gespräche zu Entwicklungen aus zwei Jahrtausenden führen, die bis heute nicht an ihrer Brisanz verloren haben.
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